Schneiderpuppe nach Maß

Heute muss ich mal echt mutig sein, denn heute gibts echt viel von mir zu sehen! Keine schmeichelhaften, locker sitzenden Klamotten, kein gutes Licht und schöner Hintergrund. Aber ich wollte euch doch unbedingt meine neue Schneiderpuppe nach Maß zeigen, und da wird nun mal ein (nicht unbedingt vorteilhaftes) Kleid als Puppenhülle genäht, das einer normalen Schneiderpuppe angezogen wird. Mit ein bisschen Wattierung erstellt man so sein eigenes Bodydouble. Auf die Idee haben mich Mel und Isabell gebracht, die im Frühjahr ihre eigene Schneiderpuppe nach einem Craftsy Kurs kreiert haben. Erst dachte ich, was für eine Arbeit, brauch ich doch eigentlich gar nicht. Aber dann zog die Cover bei mir ein und plötzlich war Kleidung nähen viel öfter auf dem Plan als früher. Und noch öfter war ich genervt, weil etwas nicht saß wie ich wollte. Nadeln stecken, anziehen, mich pieksen, und wieder von vorne (wiederhole so oft wie eben nötig) und dann ärgern, dass es doch nicht so wurde wie geplant. Und plötzlich sahen der Aufwand und der finanzielle Aspekt, die Schneiderpuppe doch selber zu machen, gar nicht mehr so schlimm aus, vor allem nach den begeisterten Berichten der beiden Vorreiterinnen.
Das Ziel des Projekts ist es, eine Puppe zu erstellen, die den eigenen Maßen sehr nahe kommt. Sie muss nicht perfekt sein, eher wie die Schwester mit der man Kleider tauschen könnte - so wird es im Kurs erklärt. Bei den fertigen Schneiderpuppen besteht (auch bei den verstellbaren) das Problem, dass die Maße doch nie hundertprozentig passen, bei mir vor allem bei Oberweite und Hüfte. Das war für mich aufgrund der vielen schlechten Erfahrungsberichte von anderen Näherinnen also nie eine Option, eine eigene Schneiderpuppe hätte ich nun aber doch gerne. Und die Option mich mit Gipsbinden einzukleistern kam nur als letzte Möglichkeit in Frage...

Also gut, mit diesen Überlegungen stand der Entschluss, eine Schneiderpuppe wird gemacht.
Der Craftsy Kurs war dank Sale schnell gekauft (Sale 15€, normal ca 30€). Eine lange Materialliste war auch dabei inklusive einem Videokapitel  nur zur Auswahl der Schneiderpuppe. Ich hab mich für eine günstige Variante aus Hartstyropor aber mit sehr hübschem Fuß für ca 50€ inklusive Versand entschieden, die auch super schnell geliefert wurde und auch relativ zügig (dank Schatz) aufgebaut war. Die  überziehbare Hülle ist auch sehr praktisch, so bleibt die Watte gut geschützt.   Dann stand sie erst mal eine Weile in der Ecke, denn der nächste Schritt hieß ausmessen und Hülle nähen! Zum Glück konnte ich die großen 3D Winkellineale von Isabell ausleihen und mich auch gleich von ihr vermessen lassen. Echt lustig, bei 3D Maßen hat man so überhaupt kein Gefühl für die Zahlen, das ist nicht wie bei Umfangsmaßen. Die Winkellineale werden um Hüfte, Taille und Brust gelegt und Tiefe und Breite des Körpers bestimmt. Anhand dieser Maße wird das Formen der Puppe später deutlich einfacher, da der Umfang allein natürlich nichts über die Körperform aussagen kann.
Nun ging es ans Stoff kaufen für die Schneiderpuppenhülle. Ich wollte einen dezenten (wenn möglich nicht fleischfarbenen) hochwertigen Stoff und hab auf der Nadel Welt ganz schnell zugeschlagen als ich Gütermann Stoff für nur 13 Euro pro Meter entdeckt habe. Das Schnittmuster, das verwendet wird, ist zum Beispiel Vogue 8828, das ich netterweise von Mel ausleihen konnte. Es ist ein Kleid mit Prinzessnähten und einem Reißverschluss am Rücken, theoretisch geht also jedes Kleid das eine ähnliche Passform hat. Ich hab mich für Größe 14 und B Cup entschieden, lieber zu groß, da ja noch angepasst werden muss. Nun wurde es aber etwas trickreich: leicht naiv hab ich mich auf die Stoffverbrauchsangaben auf dem Schnittmuster verlassen ohne dran zu denken, dass das Schnittmuster noch verändert wird. Also 1,20 m gekauft, zum Glück nicht so teuer und keine Lust, bzw. kein Geld um nochmal einen Meter dran zu hängen. Fatal! Die Schnittmusterteile werden an der Taillennaht verbunden, um diese zu eliminieren und überall wird eine Nahtzugabe von 1 Inch angefügt. Dadurch stimmt der Zuschneideplan aus dem Schnittmuster natürlich nicht mehr. Ich hab erst mal ordentlich geflucht und etwas später meinen Schatz geknutscht, der es doch irgendwie hinbekommen hat, die Teile so auszulegen, dass es genau gepasst hat. Puh, das war Glück, vor allem weil ich danach den Stoff nirgends mehr gesehen habe, außer im Internet - bei meinem Zeitplan wäre das aber keine Option gewesen. Offensichtlich ein rarer Gütermann Stoff.
 Der Zeitplan war tatsächlich ziemlich eng, denn für den nächsten Schritt stand die Verabredung mit Mel, meinem "Fitting Buddy". Leider war das eine etwas einseitige Geschichte, ihre Puppe war ja schon fertig, aber so konnte ich von ihrer Erfahrung profitieren. 5 Stunden hat es gedauert das Kleid hauteng an meinen Körper anzupassen und am nächsten Tag nochmal 4 Stunden für ein zweites Fitting und das Versäubern der offenen Kanten. Wegen meinem leichten Hohlkreuz musste ich sogar den Reißverschluss am Rücken wieder auftrennen. Die ersten Nähte sind nur mit dem Heftstich der Nähmaschine genäht, damit leicht geändert werden kann. Die fertigen Nähte müssen danach aber noch einmal übernäht werden um diese zu fixieren - da hab ich mir aber nur bis zur Hüfte Mühe gegeben, alles Weitere wird am Schluss ja unter die Puppe gestopft. Bis alles gut saß und schön aussah, ging also deutlich mehr Zeit ins Land, als ich geschätzt hätte. Wie meistens. Aber es hat sich gelohnt, meine zweite Haut ist fertig!
Nun kam die Puppe ins Spiel. Dank der 3D Maße wusste ich, dass ich um dir Taille herum weniger tief war wie die Puppe, dafür aber etwas breiter. Also wurde das elektrische Brotmesser gezückt und die Puppe angesägt. Auch keine alltägliche Beschäftigung für einen Samstagnachmittag. 
Nachdem wir die Puppe an meine Rückenform angepasst hatten, bekam sie meine Oberweite. Dafür hatte ich mir ein günstiges Bustier bestellt, damit alles schön bleibt, wo es sitzen soll. Meine Schneiderpuppe hab ich in der kleinsten Größe gewählt, da ich dachte, Ausstopfen ist leichter als Wegsäbeln. Kann ich heute nicht mehr vollständig bestätigen. Ich habe relativ breite Schultern, was schwierig ist anzupassen, wenn die Puppe an den Schultern sehr schmal ist. Deshalb sieht man da auch noch etwas Luft unter der Hülle. In meinem Fall wäre es vielleicht doch besser die größere Puppe zu wählen und etwas mehr zu sensen. Dank dem Brotmesser hat das deutlich mehr Spaß gemacht als das Ausstopfen! Aber da die Schulterbreite an der Hülle genau abgelesen werden kann, hoffe ich, dass das reicht um ordentlich anzupassen, ansonsten müssen eben noch ein paar Schulterextensions angebracht werden. Ändern kann man zum Glück ja ganz einfach indem man die Puppe wieder auszieht und neu wattiert. Nur die Hülle sollte gleich bleiben - eine gute Motivation nicht zuzunehmen übrigens, auf Änderungen an der Hülle habe ich wenig Lust!
An der Hüfte werde ich nach unten hin relativ gleichmäßig breiter, da hab ich es dann irgendwann aber einfach aufgegeben noch mehr auszustopfen, vielleicht verbessere ich das nochmal falls es ein Problem in der Zukunft darstellt. Aber über 15 cm nur in der Breite zu überbrücken ist leider nicht so einfach. Hier wäre die größere Puppe auch von Vorteil gewesen. Ich bin nämlich fast wahnsinnig geworden beim Ausstopfen. Aggro Nina vom Feinsten. Aber jetzt hab ich sie ja wieder lieb, meine neue Schwester!

Das Fazit: die Tauglichkeit der Puppe werde ich mal nach ein paar Projekten bewerten, dafür ist es jetzt wohl noch zu früh. Mal schauen, ob ich auch noch etwas ändere. Der Aufwand ist natürlich enorm, sowohl von der Zeit (ca 15 - 20 h reine Arbeitszeit und 4 Wochen ab Entscheidung für die Planung und Durchführung) und Energie als auch vom Geld. Insgesamt hab ich wohl um die 100 Euro ausgegeben, wobei ich sicher noch 30 Euro gespart habe, da ich Schnittmuster und Winkellineale ausleihen konnte. Ich bin aber erstmal sehr zufrieden, denn alles lief fast genauso wie geplant und die Puppe sieht sehr schön aus mit ihrem leicht rosa Kleidchen. Die Maße sind sehr gut geworden, es stimmen alle meine Maße bis auf maximal einen halben Zentimeter mit denen der Puppe überein (bis auf die Hüfte aus oben genannten Gründen). Wichtig waren mir vor allem die Länge von Schulter bis Brustpunkt und die Schulterlänge, damit Schulternähte gut sitzen und die Träger leichter angepasst werden können. Die Taille werde ich wahrscheinlich auch noch einmal anpassen, die Taille der Puppe sitzt nicht ganz auf meiner Taillenhöhe, die ich mit dem Band markiert habe. Nun brauch ich eigentlich nur noch einen Kurs in Schnittanpassung, damit ich das gute Stück auch fachgerecht benutzen kann.
Den Kurs würde ich auf jeden Fall weiterempfehlen, ohne die liebe Judy Jackson sähe meine Puppe sicher nicht so toll aus. Das Ende hat mich etwas enttäuscht, da ich gehofft hatte, es würden auch ein paar Anwendungen der Puppe, bzw. noch etwas besser gezeigt werden, wann die Puppe tatsächlich beendet ist. Aber das ist wohl Gefühlssache und kann nur durch Ausprobieren bestätigt werden. Also schnell zurück an die Nähmaschine!
Und, wäre das was für euch? Oder hat euch mein Bericht abgeschreckt? Wie zufrieden seid ihr mit eurer Schneiderpuppe? Ich bin gespannt!
Bis bald,
eure Nina

Verlinkt bei  Creadienstag, Meertje

21 Kommentare:

  1. Respekt! ich hätte auch gerne eine puppe mit meinen maßen - aber deine Geduld und geschicklichkeit hab ich nicht :-/

    hätte wahrscheinlich schon beim abmessen die Nerven geschmissen :-)

    daher: großer Respekt
    lg andrea

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  2. Respekt wer's selber macht!!! Hab nicht schlecht gestaunt, als ich das gesehen habe, wirklich. Ich hätte nicht die Geduld, so lange an der Puppe zu basteln. Und nicht den Platz für ein zweites ich :) Dass sie perfekt wurde, hast Du Dir mehr als verdient!!!

    Liebe Grüße,
    Mona

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  3. Wahnsinn, hatte bislang noch nicht davon gehört, bin jetzt aber völlig begeistert. Da ich eh figurumspielend für mich nähe, hatte ich noch keine Probleme. Bewundere deine Puppe und deine Geduld, sehr gelungen.

    Liebe Grüße,
    Petra

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  4. Früher konnte ich unanprobiert einen Burda-Schnitt in Gr. 38 nähen und das passte dann. Jetzt, ein paar Kinder später, wäre vielleicht eine solche Schneiderpuppe angebracht. Und wenn ich deine Mühe sehe, habe ich gleich noch mehr Respekt davor. Aber danke für den Tipp mit dem Kurs.
    Und die viel Spaß beim Anprobieren der genähten Sachen am zweiten Körper.
    Liebe Grüße
    Ines

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  5. Respekt, die Geduld hätte ich glaube ich nicht...obwohl...sag niemals nie :-) Auf jeden Fall ist es eine tolle Sache!
    Liebe Grüße, Lee

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  6. Das ist ja eine Hammeridee. Eine sehr gute Schneiderpuppe ist ja auch nicht gerade billig und trotzdem passt es hinten und vorn nicht, wenn man nicht gerade eine Kleiderstangenfigur hat.Tolle Beschreibung der Arbeitsgänge. Vielleicht mach ich mit LLewella auch mal so eine. Liebe Grüße, Birgitt

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  7. Wow, was für eine tolle Idee! Ich habe auch einmal eine Schneiderpuppe geschenkt bekommen, aber weder damals als 13-Jährige noch heute, Jahre später, passt diese wirklich zu meiner Figur, weshalb ich sie nie wirklich benutzen konnte - so hat man natürlich die perfekte Form, um selbst zu schneidern! Wirklich toll!!
    Liebe Grüße,
    Sarah

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  8. Wow, was für eine Arbeit!! Toll sieht sie aus, deine Schwester.
    Ich kannte die Methode noch nicht, aber ich befürchte dass sie mir zu aufwendig und teuer ist - aber dein Ergebnis sieht wunderschön aus!
    Liebe Grüße,
    sosha

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  9. Ein sehr interessanter Bericht - ich gucke schon immer wieder nach so einer Puppe, aber ich fürchte bei meiner Figur ... und so tolles Werkzeug habe ich auch nicht ... aber ich speichere mir das ab und komme vielleicht drauf zurück - vielen Dank für den ausführlichen Bericht! LG Ingrid

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  10. Wow, da hast du wirklich Geduld und Ausdauer bewiesen, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen!

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  11. Hallo Nina,
    mensch, was für ein Aufwand! Aber tatsächlich spiele ich seit einiger Zeit auch mit dem Gedanken, dass eine Schneiderpuppe das Abstecken um einiges erleichtern würde. (Wenn ich noch mehr nähe, werd ich den Gedanken dann bestimmt auch in die Tat umsetzen.) Mich würde in der Zukunft mal interessieren, wie gut du mit deinem neuen Schatz zurechtkommst. Gut sieht sie auf jeden Fall aus :) Und so ein größeres Projekt macht ja auch immer Spaß.
    Viel Freude damit!
    Liebe Grüße
    Caroline

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  12. Toll!!!
    Das klingt alles so einfach bei dir...
    Echt großartig!
    Meine Schneiderpuppe? weit und breit nicht zu sehen. Selbermachen... hm... trau ich mich noch nicht.

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  13. Wow! Must have! Da hast du dir ganz schön viel Arbeit angetan. Aber das Ergebnis ist spitze!
    LG, Monika

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  15. Coole Idee Nina, wieder was dazu gelernt!!!
    LG Rosine ♥

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  16. Hallo
    ich finde die Idee super. Eine Schneiderpuppe mit eigenen massen. Möchte jemand aus Köln oder Umgebung zusammen mit mir versuchen sowas zu basteln? zu zweit kann mann sich gegenseitig besser ausmessen

    Lg Emma

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  17. Es gibt auch verstellbare Schneiderbüsten, die man in der Taille, Brust und Hüfte einstellen kann. Die kann ich nur empfehlen, weil dann macht es nichts wenn man mal ein Kilo zunimmt... :-D
    Grüße
    Lidija

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  18. Ganz einfach gehts mit Panzertape. Altes enges Shirt anziehen, mit Tape umwickeln lassen, hinten aufschneiden und abnehmen. Danach die Schnittstelle wieder verkleben , ausstopfen und mit Rohren (Abwasser o.ä.) den Ständer bauen

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    1. Ja das ist bestimmt auch eine gute Idee, aber sicher nicht ungefährlich sich so eng mit tape umkleben zu lassen. Und mir Stoff siehts find ich hübscher aus ;)
      Liebe Grüße, Nina

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  19. Grüße vergessen :o)

    ...also LG Daniela

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  20. Danke für die tolle Beschreibung. Da ich für mich und meine Tochter/Freundin auch nähe, habe ich eine Puppe (verstellbar) für Tochter und ich war immer auf "freihängen und messen" angewiesen. Das Kleid für mich machen ist die Lösung. Nochmals danke und viel Erfolg weiterhin. LG Jenny

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