Ginger Jeans in weiß

Diejenigen, die mich kennen werden mich jetzt wahrscheinlich für verrückt halten. Warum näht jemand, der Flecken magisch anzieht, eine weiße Hose? Glaubt mir, die Entscheidung fiel mir nicht leicht, und der ursprüngliche Plan war auch, diesen schönen weißen Stretch-Twill zu färben. Aber dann hat mir da jemand einen Flo ins Ohr gesetzt: “Näh sie doch erstmal weiß, färben kannst du sie ja auch, wenn sie fertig genäht ist. Dann hat sie halt weiße Kontrastnähte, sieht doch auch gut aus.“ Jo, ich bin kein Fan von Kontrastnähten, deswegen kommt hinterher färben eigentlich nicht in Frage, aber sobald ich mir die weiße Jeans mal vorgestellt hatte, hab ich sie nicht mehr aus meinem Kopf rausbekommen und mir tausend coole Outfits vorgestellt. Und manchmal muss man ja auch ein bisschen unvernünftig sein, YOLO, no risk no fun und so.

 Deswegen hab ich jetzt eine weiße Caprihose. Capri war sie etwas unfreiwillig, eigentlich wollte ich eher knöchellang haben, aber da hat mir der Stoff einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der war nämlich einfach mal nur 130 cm breit, beziehungsweise ohne Webkante nur so 125 cm. Jo, puzzeln kann ich, aber auch nur soviel, wie der Stoff hergibt. Egal, meine grüne Caprihose mit Schlitz trage ich ja auch unglaublich gerne, deswegen war das jetzt kein Drama. Den Stretch-Jeans hab ich bei MT Stofferie in Stuttgart gefunden, eine mir bis vor kurzem unbekannte Kette aus Frankreich, die ihren ersten deutschen Laden in Stuttgart eröffnet hat.



Der Schnitt ist, wie immer, ihr könnts bald nicht mehr sehen - ich weiß, die Ginger von Closet Case Patterns in der Midrise Variante. Aber ich hab euch ja schon oft erklärt, wenn man mal einen guten Basic Schnitt hat, dann sollte man sich freuen und das Ding nähen so oft es geht. Bei mir (und soooo vielen anderen) ist der go-to-Hosenschnitt nun mal die Ginger, auch wenn ich ab und zu mal versucht bin vielleicht doch ne andere auszuprobieren. Die Safran Pants vielleicht  oder die Skinny Jeans von Sewera. Oder die  Skinny Jeans von The Couture… Gibt ja genug.



Nun ja, eigentlich bin ich aber immer noch (nach 4 Paar Jeans) nicht fertig mit Anpassungen, also darf ich auch noch nicht wechseln. Die grüne war ja etwas spack im Schrittbereich, das hab ich bei der schwarzen schon angepassst mithilfe des Round Pubis Adjustments, ca so wie hier bei dieser Badehose. Das hat aber noch nicht gereicht, deswegen hab ich bei der weißen noch ne Schippe (sprich 3 mm) drauf gesetzt und das hat tatsächlich super funktioniert. Jetzt kneift auch nach langem Sitzen nichts mehr. Bin ich jetzt fertig? Muss ich jetzt nen anderen Schnitt nähen, haha?



Meine Standardänderung, die Hohlkreuzanpassung (gaping at waist) hab ich schon seit der ersten Mid Rise Jeans immer einfach übernommen, da ändert sich zum Glück nichts, egal welcher Stoff verwendet wird. Zusätzlich zum angepassten Bundschnittteil lasse ich die hintere Schrittnaht nach oben hin enger werden und schneide den Bund etwas kürzer zu, indem ich die gleiche Länge am Bruch wegnehme.

In meinem 10 Tipps zum Jeans nähen hab ich euch ja schon ein bisschen was zur Bestimmung vom Stretch erklärt und bei dieser Hose waren es sage und schreibe 30% Stretch. Das toppt sogar die schwarze. Ist auf jeden Fall mega bequem, man kann sich super bewegen und der Stoff war wunderbar zu vernähen.


Ein bisschen Angst hab ich zwar, dass sich der Stoff schnell ausleiert, aber das wird nur das regelmäßige Tragen ergeben. Meine grüne und schwarze, die ja beide auch relativ dehnbar sind halten ihre Form auf jeden Fall auch nach viel Tragen und viel waschen. Leider merke ich aber schon jetzt, was mich bei allen Twill-Jeans (apricot, schwarz) etwas nervt, was für Fusselmagneten diese Stoffe sind. Die ziehen kleine Flusen wirklich magisch an. Da muss man den Fusselroller praktisch vor jedem Anziehen einmal zücken. Da der Stoff aber ansonsten wirklich genial ist, sehe ich drüber hinweg.


Nachdem ich mich dann erstmal entschieden hatte bei der weißen Farbe zu bleiben, gabs ne neue Herausforderung: weißer Stoff ist nicht ganz blickdicht. Dass ich da jetzt nicht unbedingt knallpinke Unterwäsche drunter tragen werde, war mir ja schon klar, aber die erste Herausforderung war es, einen weißen Taschenstoff zu finden (ohne neu einkaufen zu gehen, geht ja grade nicht so easy, Corona und so, weißte Bescheid). Und damit meine ich wirklich reinweiß, nicht irgendwie hellblau mit weißen Streifen oder Blümchen oder so. Sieht man alles durch.


Und dann kam meine Eingebung: mein Schatz hat hundertprozentig irgendwo noch ein altes weißes Hemd rumfliegen, das er nicht mehr anzieht. Oder in unserem Fall: Noch nie angezogen hat, weil es ein Geschenk war, das aber viel zu groß ist. Umso besser für mich, ich hab nämlich nur die untere Seite des Rückenteils (da waren nicht mal Abnäher drin) verwenden müssen um einen kompletten Pocketstay auszuschneiden. Upcycling, yay!



So, weitere weißer-Stoff-Herausforderung: Man sieht die Nähte durch. Also muss die Innenseite genauso schön werden, wie die Außenseite. Perfekter Zeitpunkt also, um endlich mal Kappnähte auszuprobieren. Spoiler: macht Spaß, klappt gut. Ich hab die Passennähte und die hintere Schrittnaht „gekappnäht“ und es sieht wirklich sehr ordentlich sowohl von innen, als von außen aus.



Da der Stoff wie gesagt, nicht ganz blickdicht ist, sieht man beim Nähen auch sehr schön, wo die Naht auf der Rückseite sitzen wird. Die Seitennähte bzw. die Innenbeinnaht hab ich nach Untersuchen meiner gekauften Jeans mit einer Overlocknaht versäubert und darauf geachtet, dass diese sehr nah an der Originalnaht sitzt, damit die Nahtzugabe so klein wie möglich gehalten wird.



Man sollte übrigens beim Nähen mit weißem Stoff auch aufpassen, dass man nicht unbedingt drauf blutet. Ich hab ja normalerweise einen eher entspannten Umgang mit Stecknadeln und meistens hab ich überall Kratzer, weil ich ständig halbfertige Sachen mit Nadeln drin anprobiere, aber das sollte man hier vielleicht vermeiden und schön heften.

Im Gegensatz zur grünen Caprihose wollte ich dieses Mal unbedingt einen richtigen Jeanslook haben und hab wieder Gürtelschlaufen angenäht. Sieht einfach nochmal einen Ticken professioneller aus.



Außerdem wollte ich unbedingt so einen coolen Jeansaufnäher auf dem Bund haben, wie meine gekauften Jeans und auch hier kam wieder ein altes Kleidungsstück ins Spiel: eine uralt-Jeans, die nur noch als Arbeitshose dient, hatte noch eine schönen Aufnäher, den ich einfach abgetrennt, mit Wondertape auf den Bund aufgeklebt und dann von Hand in den original Nahtlöchern wieder angenäht habe. Da ist eigentlich noch ein Markenlogo drauf, aber das hab ich ganz frech einfach weg gephotoshoppt.



Auch der Knopf ist von einer gekauften Hose, bzw es ist der Ersatzknopf. Wenn die einmal dran sind, kriegt man sie ja im Idealfall nicht mehr ab. Manchmal sind aber diese kleinen Tüten dabei mit einem Ersatzknopf und ich sammel die immer, denn meistens braucht man sie ja am Originalkleidungsstück doch nicht. So auch hier. Keine Ahnung an welche Hose der Knopf passen könnte, und ob ich die überhaupt noch habe.
Er war auf jeden Fall extrem einfach anzubringen, man muss nämlich nur das Gegenstück reindrücken, dann klickt es und der Knopf sitzt super fest.
Allerdings hab ich vor lauter Begeisterung über diesen einfachen Knopf nicht in die Anleitung geguckt und das Knopflauch um 90 Grad gedreht genäht. Aber egal, funktioniert ja auch so.



Den Reißverschluss hab ich aus meinem Stash genommen, und da waren keine weißen Metallreissverschlüsse mehr da. Und nach meinem Drama mit der schwarzen Jeans, bei der ja zweimal Metallzähnchen aus dem Reissverschluss gebrochen sind, hab ich lieber direkt einen normalen Reissverschluss eingenäht. Sieht man ja eh nicht und ich hab hoffentlich weniger Ärger. Für alle, denen das auch schon passiert ist: Hier hab ich euch ein Tutorial geschrieben, wie man den Reissverschluss super easy austauschen kann.



So, jetzt hab ich auf jeden Fall ein super Frühlingsoutfit, das Wetter passt auch, also raus aus der Bude. Als wir die Fotos gemacht haben, hatte es aber leider nur 4 Grad, siehe Gänsehaut. Falls ich in nächster Zeit krank werde, hab ich es also eher dieser suizidalen Fotosession als anderen umgehenden Krankheiten zu verdanken.



Ich wünsche euch einen schönen MeMadeMittwoch,

bis bald, eure Nina
 



Verlinkt bei MeMadeMittwoch, Du für Dich am DonnerstagSewLaLa

12 Kommentare:

  1. Wow!! Grooooße Bewunderung!!! Diese weiße Caprijeans ist perfekt. Sie sitzt wie angegossen, macht einen tollen Po und ist rundum schön! Weiße Jeans mit Flecken? Na ja --- wer zieht denn eine weiße Jeans länger als einen Tag an? Dann sieht sie, wenn sie nicht markante Flecken hat, einfach nicht mehr sauber aus. Deshalb ... näh einfach noch ein paar und so kannst du viel öfter eine weiße HOse anziehen.
    Ich traue mir diesen Schnitt nicht zu... leider!
    bewundernde Grüße von Ellen

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    1. Oh danke dir! Ja stimmt ein paar mehr davon schaden bestimmt nicht ;)
      Was traust du dir denn nicht zu? Die Arbeitsschritte könnens nicht sein die sind nämlich nicht sehr komplex.
      Die Anpassungen? Da gibt's jede Menge Tipps und Tutorials, die man während dem Nähen der Hose verwendet, da sehr oft geheftet und die Passform überprüft wird. Kann wirklich nicht viel schief gehen! Du kannst das! Und bei Fragen weißt du ja wo du mich findest! LG, Nina

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  2. Genial, ich glaube du bist mit dieser Hosen in den Olymp der Hosennäherei aufgestiegen !!! Die passt so unglaublich gut und ist so fein genäht. Und nein, wenn man so einen super angepassten Schnitt hat, brauch man keinen anderen.
    Viel Freude mit dieser Hose von Silke

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  3. Also, ich würde mal sagen liebe Nina: seehr professionell ist deine Capri-Jeans geworden. Und ich würde auch sagen, bleib mal erst bei diesem Schnitt, der ist klasse, sitzt mittlerweile klasse, ist gut zu nähen und du weißt, worauf es ankommt. Ich habe ihn auch schon einige Male genäht und finde ihn toll. Dazu noch in Weiß, hach, einfach super.
    Liebe Grüße Epilele

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  4. Deine Capri- Jeans ist megaklasse geworden, wie immer super gearbeitet und sie sitzt super!! Ich bin ebenso ein Freund altbewährter Schnitte, da weiß man, was man hat und was zu ändern ist.
    Vielleicht nähst DU ja noch eine weitere weiße Jeans, zum Wechseln?

    LG
    Sandra

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  5. Tolle Hose! Die sitzt wirklich gut, du solltest also unbedingt bei dem Schnitt bleiben und noch mehr davon nähen! :)
    LG Marlene

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  6. Supergut!
    Und weiß find ich für den Sommer schon total genial, aber ich liebe Himbeersorbet :-(
    darf man dann eben nicht unbedingt essen, wobei das auch schreckliche Flecken auf nicht weißen Sachen macht. Vorteil von weiß, man kann es mit bleichendem Fleckenentferner versuchen.
    Liebe Grüße
    Elke

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  7. Wow, die Hose ist perfekt! Ganz toll genäht, und auf jedes Detail geachtet.
    Viel Spaß beim tragen.

    LG, Heike

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  8. Sehr edel! Die Hose sitzt perfekt und ist so wunderbar akkruat genäht, großes Kompliment! Schmunzeln musste ich beim Nähbericht, ich habe mal auf einen weißen Mantelstoff geblutet (Stecknadelverletzung) und hätte das Projekt fast beerdigt, weil ich so frustiert war... ließ sich gut retten. LG Kuestensocke

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  9. Toll!!! Wie gekauft - so akkurat genäht, und die feinen Details, krass! Bin sehr beeindruckt! LG Sarah

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  10. Boah! Der Hammer! Vielleicht wage ich nach der geplanten Jeansjacke auch eine Jeans. Ich bin sehr beeindruckt!

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  11. Hachz, die ist großartig geworden. Hatte sie ja schon auf Instagram bewundert. Kompliment an was du so alles gedacht hast. Deine Verarbeitung ist auch hier wieder absolut bewundernswert, ganz großes Kino.
    Ich wünsche dir ein schönes Osterfest, vermutlich hast du Gelegenheit zum Tragen der neuen Caprijeans...ganz ohne Gänsehaut :)
    Und nun springe ich erneut zu deinem Post mit den wachstüchern, hier kiegt nämlich alles bereit.
    Birgit

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